Vortrag über Otl Aicher
Vortrag über Otl Aicher
Günter Behnisch 29. September 1998
Sehr verehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen,
liebe Freunde,
höchstwahrscheinlich bin ich nicht derjenige, mit dem Sie über den Entwerfer, Designer, Fachmann für visuelle Kommunikation, Berater, Denker, Schreiber, Baumeister, Gärtner, Bürochef, Wüstenwanderer, Motorradfahrer, Familienvater, Leuchtturm seines Faches, Koch, Esser, Trinker usw. Otl Aicher diskutieren sollten. Und auch nicht über seine Leistungen.
Von den meisten Bereichen, in denen Otl Aicher wirkte, verstehe ich nicht genug. So hätte ich mir nie zugetraut, über die Revolution von Kücheneinrichtungen ein Buch zu schreiben, auch nicht über Türgriffe, ich hätte mich nie zu Fuß in die Sahara gewagt und ein schweres Motorrad hätte ich wohl gerne gefahren, zögerte dann aber doch.
All das und mehr hatte Otl Aicher getan. Und all diese Felder musste ich ihm lassen.
Davon also, von Otls Vielfalt, davon kann ich wenig sagen. Eigentlich kann ich nur erzählen, dass ich Otl Aicher 1968 hier in München getroffen habe, dass wir beide für die XX. Olympischen Spiele gearbeitet haben, vier Jahre lang, dass wir auch danach uns trafen, einmal im Jahr üblicherweise bis zu Otls Tod im Jahre 1991.
An der danach einsetzenden Festigung seines Nachruhmes habe ich mich nicht beteiligt.
Aber heute - anlässlich der Ausstellung über Arbeiten Otl Aichers und auch über sein Leben - veranlasst durch das Design-Zentrum München - heute spreche ich gern über Otl Aicher, über unseren verstorbenen Freund.
Wie gesagt: Mit Otl Aicher war ich verbunden durch die Arbeit für die XX. Olympischen Spiele 1972 in München. Seinerzeit kümmerte er sich um das Erscheinungsbild der XX. Olympischen Spiele. Und wir - die Architekten Behnisch & Partner - planten den Olympiapark.
Am Freitag, den 13. November 1967 - dieses Datum wird mir bleiben - wurde der Architektenwettbewerb entschieden, und unsere Arbeit stand an erster Stelle, platziert durch eine Jury mit Egon Eiermann als Vorsitzenden, mit Willi Daume - NOK-Präsident, mit Jochen Vogel - Oberbürgermeister der Stadt München - und mit anderen Schwergewichten.
Ab Frühsommer 1968 konnten wir dann den Park und die Sportstätten planen. Das Organisationskomitee – beraten durch den Bauberatungsausschuss - hatte Schwierigkeiten mit seiner Entscheidung zugunsten unserer Arbeit – was wir verstehen können, auch heute noch.
Zusammen gearbeitet haben wir dann mit vielen Fachleuten, so z.B. mit dem Landschaftsarchitekten Günther Grzimek. Ihn kannten wir von früheren Planungen, z.B. für die Fachhochschulen in Ulm und Aalen.
Mit Günther Grzimek, der in den Nachkriegsjahren in Ulm war und dort mit Otl Aicher zusammenkam, hatten wir den für diese Aufgabe und für unsere Lösung geeigneten Landschaftsarchitekten gefunden. Günther Grzimek ist 1996 gestorben. Auch er fehlt uns.
Das Dach haben wir mit Frey Otto und Leonhardt + Andrä, Leitender Ingenieur Jörg Schlaich, bearbeitet. Wilhelm Schaupp als Bauphysiker und viele andere Fachleute waren beteiligt.
Auch die Fachleute der Stadt München hatten sich engagiert. Und wir trafen auf Otl Aicher eben, auf den Beauftragten für das Erscheinungsbild der XX. Olympischen Spiele.
Er war schon seit 1966 engagiert. Und wir konnten viel erfahren durch ihn, obwohl er nicht direkt beauftragt war in unserem Bereich - wie dies z.B. konstruktive Ingenieure üblicherweise sind.
Glücklicherweise: Otl hatte, als wir mit unserer Aufgabe begannen, schon viele Probleme gelöst und viele Weichen gestellt.
Ich zitiere aus:
"Der offizielle Bericht, herausgegeben vom Organisationskomitee für die XX. Olympischen Spiele in München'' Band 1 Seite 268.
18.1
Die Aufgabenstellung
Bereits unmittelbar nach der Gründung des OK im Juli 1966 stellte der Vorstand fest
dass eine wesentliche Voraussetzung für eine optimale Darstellung der kommenden Spiele der XX. Olympiade ein einheitliches, aber auch in ihrer Vielfalt alle Besucher ansprechendes visuelles Erscheinungsbild der Olympiastadt München mit all ihren Einrichtungen sein musste. Deshalb beschloss er auf seiner zweiten Sitzung am 17. Juli 1966, wegen der Problematik des visuellen Erscheinungsbildes der Spiele mit der Hochschule für Gestaltung in Ulm, im besonderen mit deren Leiter Professor Otl Aicher, zusammenzuarbeiten.
Am 2. Dezember 1966, auf seiner vierten Sitzung, fasste der Vorstand des OK auf Grund des Ergebnisses der bisherigen Beratungen seine Erkenntnisse über das visuelle Erscheinungsbild der Olympischen Spiele wie folgt zusammen:
• Die Spiele sollen in Bezug auf ihren äußere Zuschnitt nicht bombastisch werden, aber doch einen
liebevoll-festlichen Rahmen von hohem künstlerischen Niveau haben. Das bedeutet, dass sie auch
hinsichtlich der Information und Kommunikation vorbildlich organisiert sein müssen.
• Es ist der Versuch zu machen. die zu erwartende Flut an Werbemitteln aufzufangen und zu
kompensieren- möglicherweise mit der Vergabe von Lizenzen und gegebenenfalls finanziell zu nutzen.
• Die kulturelle Bedeutung der Olympischen Spiele von München wird durch ein nicht uniformes. Aber
harmonisches und künstlerisch bemerkenswertes Erscheinungsbild unterstrichen, bzw. besonders
hervorgehoben.
Zu diesem Zeitpunkt erkannte der Vorstand, dass die Gestaltung des Erscheinungsbildes Olympischer Spiele mit solch hohen Zielsetzungen bereits eine Entwurfsarbeit von großem Ausmaß voraussetze und nur durch eine einheitliche und umfassende Planung verwirklicht werden könne.
18.2
Die Gesamtkonzeption
Auf der fünften Sitzung des OK am 17./18. März 1967 trug Otl Aicher unter Berücksichtigung der Festlegung des Vorstandes seine Vorstellungen über seine künftige Arbeit als Gestaltungsbeauftragter für das OK vor. Der Vorstand schloss mit ihm einen Werkdienstvertrag mit dem Ersuchen, alsbald, spätestens bis zum Ende des Jahres 1967, ein detailliertes Gestaltungskonzept für das Gesamterscheinungsbild in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen vorzulegen. Später wurde Otl Aicher in den hauptamtlichen Mitarbeiterstab des OK als Abteilungsleiter integriert.
Auf der siebenten Sitzung des Vorstandes des OK am 15. September 1967 bestätigte der Gestaltungsbeauftragte, dass ein visuelles Gesamtkonzept bis Oktober 1967 geliefert werde. Er betonte, dass die Liste der von ihm geplanten Objekte im Rahmen der Olympischen Spiele sehr umfangreich sei, weil sie nicht nur die unmittelbar mit den Olympischen Spielen, vorrangig mit den Sportveranstaltungen in Verbindung stehenden Gegenstände betreffe. Vielmehr würden auch Bereiche des Fremdenverkehrs, das Erscheinungsbild der Stadt München mit erfasst.
Auf der achten Sitzung am 22. November 1967 unterbreitete der Gestaltungsbeauftragten - durch eine Ausstellung unterstützt - dem Vorstand des OK seine Grundsätze für die visuelle Gestaltung der Spiele der XX. Olympiade.
Im Folgenden sollen die wesentlichen Punkte der Ausarbeitung des Gestaltungsbeauftragten dargestellt werden, auf deren Grundlage später die Gesamtkonzeption des Erscheinungsbild der der Olympischen Spiele in München entwickelt wurde.
Er betonte, dass es sich bei der Gestaltung des visuellen Erscheinungsbildes eigentlich um eine Ordnungsaufgabe handle. Träger des Erscheinungsbildes seien Drucksachen, Plakate, Broschüren, Bulletins, Eintrittskarten, Zeitungs- und Briefköpfe, Fernsehvorspanne, Fahnengruppen, Bekleidungen, Abzeichen usw. Es komme darauf an, alle Träger eines Erscheinungsbildes nach einheitlichen Kriterien zu gestalten. Stelle man eine rein theoretische Alternative auf, ob ein qualitativ zweitrangiges Erscheinungsbild einem Konzept gegenüber standhalte, das von einer Summe erstrangiger, autonomer
Einzelentwürfe ausgehe, so könne die Entscheidung nur zugunsten der Einheitlichkeit und der Geschlossenheit fallen. selbst wenn dadurch das Qualitativkonzept nicht allerhöchstes Niveau erreichen würde. Einheitlichkeit sei entweder ein System aus gleichen Elementen, mit der Gefahr einer mehr oder weniger großen Uniformität, oder ein System vorwiegend variabler Elemente, das zu einem eindrucksvollen Verwandtschaftsverband führe.
Für die Olympischen Spiele in München strebte der Gestaltungsbeauftragte das letztere Konzept an: Gleichheit durch Verwandtschaft. Dieses Konzept gestattete mehr Fülle, mehr Autoren und mehr Beweglichkeit. Es kam aber auf die Autorität des Gestaltungsbeauftragten an, ein solches variables System vor Aufweichung und Auflösung zu bewahren.
Der Gestaltungsbeauftragte stellte ferner heraus, dass sich die Bedeutung eines Festes und seine Tiefe nicht immer durch Ernst ausdrücke. Leichtigkeit und Nichtkonformität seien in gleicher Weise Zeichen achtbarer Anerkennung der Bedeutung Olympischer Spiele. Daher strebe das OK bei diesen Spielen den Charakter der Ungezwungenheit, der Leichtigkeit und Gelöstheit an mit der sicheren Erwartung, dass der betont festliche Charakter dadurch erhalten bleiben werde. Festlichkeit sollte nicht im Sinne traditioneller Gesellschaftlichkeit dargeboten werden, sondern im Sinne spielerisch ungezwungener Atmosphäre.
Die Schaffung eines positiven psychologischen Klimas auf der Ebene einer gehobenen Festesstimmung sei durch Anwendung einfacher Elemente, wie Farben, Schriften und Zeichen zu erreichen. Als Farben wurden vorgeschlagen: als Primärfarbe ein lichtes, mittleres Blau, als Stützungsfarbe ein mittleres Grün gleicher Helligkeit, dazu Weiß und Silber.
Auf der gleichen Linie bewege man sich, wenn man aus der großen Zahl möglicher Schriften sich für eine leichte Groteskschrift zur Unterstützung der Assoziation: "unpathetisch, frisch, leicht und agil" entscheide. Diese Druckschrift verbinde in ihrem Bild Korrektheit. Sachlichkeit mit dem Eindruck von Jugendlichkeit und natürlicher Eleganz. Daneben sei das Schriftbild zurückhaltend, habe keine fetten Auszeichnungen und keine aggressiven Schriftgrößen.
Ferner hätten Zeichen in Verbindung mit Farben die Aufgabe, alle und vor allen Dingen die ausländischen Besucher ohne sprachliche Mittel zu ihren Zielorten zu führen, die Topographie der Stadt und der Olympischen Veranstaltungen transparent zu machen und jedem einzelnen das Gefühl der Unsicherheit zu nehmen. Neben einer technisch optimalen und funktionalen Zeichengebung werde auch eine optimal ästhetische Erscheinung verlangt, die sich innerhalb der abgesteckten Grenzen des Gesamterscheinungsbildes bewegen müsse.
Das war Otl Aicher. Bei ihm schienen die Tendenzen der "aufgeklärten Moderne" durch. Das war in der seinerzeit speziellen Situation d i e Möglichkeit schlechthin, sich von Tendenzen und Erscheinungen der Spiele 1936 in Berlin abzusetzen und anzuknüpfen an Leistungen und Erscheinungen des republikanischen Deutschlands und hinzuweisen auf das neue Deutschland. Das Bauhaus war schließlich - und so sehen wir das auch heute noch – in aller Welt bekannt und anerkannt - eine Landmarke der aufgeklärten Moderne, der weißen, modernen Architektur. Die Hochschule für Gestaltung in Ulm, die ja Otl Aichers Kind war, knüpfte an diese Landmarke.
Was hätte es sonst Verbindendes, das Dritte Reich Überspringendes, ein offenes Deutschland Repräsentierendes gegeben?
Während der Planungsphase haben wir nicht sehr eng mit Otl Aicher zusammengearbeitet. Wir alle hatten zu viel zu tun. Wohl meinte Otl, die "Kreativen" sollten sich wöchentlich einmal zum Mittagessen treffen. (Er hatte ja einen Hang zu Bünden). Aber wir glaubten, dafür nicht die erforderliche Zeit zu haben. Heute bedauere ich das. Vielleicht hätten diese Treffen unsere Arbeit beeinflussen können. Aber der Rahmen dafür war gering. Die Arbeiten hatten ihre Gesetze und ihre Triebfedern in sich selbst. Immerhin, möglicherweise wären dann diese vier Jahre, die wir intensiv und abgeschottet gegen anderes an dieser Aufgabe tätig waren, etwas amüsanter geworden, als sie waren.
Wir sehen:
Beim NOK und bei der Stadt München - später beim Organisationskomitee - hatte man offensichtlich frühzeitig diskutiert und dann auch formuliert w i e die Spiele in München sein könnten und wie sie sein sollten. Sicher waren hier Willi Daume und Hans Jochen Vogel dominierend. Ob und inwieweit Otl Aicher wirksam war in dieser Phase, das weiß ich nicht. Allerdings waren die formulierten Tendenzen so, da sie hätten von ihm sein können und so, dass er diese vertreten konnte.
In den, dem Architektenwettbewerb beigegebenen Texten waren Tendenzen beschrieben, klar, direkt, unmissverständlich: z.B. "Sport und Muse", "heitere Spiele", "Olympiade im Grünen'', "kurze Wege", jugendlich, usf. Tendenzen, die hinwiesen auf Ideale des neuen, weltoffenen Deutschlands. Und diese Tendenzen konnten wir dann in Architektur übersetzen.
Erstaunlich erschien mir, dass wenige Architekten diese den "Zeitgeist" repräsentierenden Tendenzen erkannt hatten, erkennen wollen und/oder in Architektur wirksam werden lassen konnten.
Otl Aicher hatte gesehen, dass unser Vorschlag – er kannte uns bis dahin nicht - sich deckte mit den Vorgaben, die auch seine Vorstellungen widerspiegelten.
So hat Otl Aicher uns geholfen in schwieriger Phase, z.B. indem er Teile unseres Entwurfes auf eines der ersten Olympiaplakate setzte, obwohl sich das Komitee noch nicht entschieden hatte für unsere Arbeit.
Letztlich setzte sich unsere Arbeit durch. Sie wurde akzeptiert und unterstützt von vielen - unterstützt von Egon Eiermann, Peter C. von Seidlein, E.M. Lang, Werner Wirsing, Christoph Hackelsberger, Peter M. Bode, Johann Klöcker, Johanna Schmidt-Grohe, Josef Othmar, Irene Stahl u.a. … Und eben auch und besonders durch Otl Aicher.
Hin und wieder diskutierten wir mit ihm; so als wir mit Otl Aicher über Farben sprachen - das mag im Herbst 1968 gewesen sein, wir waren noch etwas unsicher in dieser Sache - Otl Aicher jedoch hatte das Thema seit längerem durchdacht und auch erledigt, selbstverständlich! Das war eine seiner Stärken, dass er Phasen konzentriert angeben und zu ende bringen konnte und dann auch abschließen - jedenfalls habe ich es so gesehen - während wir schlecht zum Ende kamen und immer wieder mit dem gleichen Thema begannen.
Also - als wir mit Otl Aicher über Farben sprachen, erklärt er uns die Sache so - mit einem Bilde:
"Wisst Ihr, wenn Ihr über die Alpen fliegen würdet im Frühjahr, von Süden her in einem kleinen Flugzeug, was würdet Ihr denn als erstes sehen im Voralpenland Bayerns?"
Die Antwort gab er selbst:
"Ihr würdet den blauen Himmel sehen, leicht und hell, die weißen, dahinschwebenden Wolken, das leichte helle Grün der jungen Wiesen, und die silbernen Seen und Flüsse.
Um dann abzuschließen mit:
"Und das werden die Farben der Olympischen Spiele in München sein!"
Nun weiß ich nicht, ob die Bayerischen Seen tatsächlich silbrig sind. Otl Aicher aber wollte, dass sie so wären. Wahrscheinlich sah er sie auch so, silbrig, glänzend, hell. Und dieses Bild ließ er auch uns sehen. Und tatsächlich, wir sahen es, und wir behielten es so in Erinnerung - bis heute.
Otl Aicher konnte in Bildern denken und er konnte mit Bildern Inhalte weitergeben. Bilder, die ja viele Bezüge mitbringen, mehr als das sachlich begrenzte Wort. Bilder sind poetisch von sich aus.
Einmal erläuterte er uns, dass wir Farben wie schwarz, rot, gold oder ähnliches nicht verwenden sollten. Diese seien vergeben und verbraucht. Und - würden wir diese dennoch benutzen - müssten wir all die Beziehungen in Kauf nehmen zwischen der eigenen Arbeit und den Zwecken, denen diese Farben (heraldische Farben) in der Geschichte dienen mussten.
Otl Aicher meinte, wir sollten uns den Farbkreis vornehmen und alle Farben abdecken, die in der Geschichte durch Macht und Anmaßung gebraucht und wohl auch verbraucht worden waren. Und das durchaus vom Stande und vom Verständnis unserer Zeit her.
Die Farben, die dann noch übrig blieben, die könnten wir ohne Bedenken verwenden, meinte Otl Aicher.
Wir haben das getan. Weniges blieb übrig: hellblau, hellgrün waren dabei. Und wenn man die dann vor die Basis weiß stellt, die ja auch das leichte Silber stützt, hat man die Farben für die Olympischen Spiele in München.
Ich erinnere auch nochmals an das, was wir über die Schrifttype hörten, die Otl Aicher ausgewählt hatte; und welches die Gründe für die Wahl waren:
"Er wählte eine leichte Grotesk-Schrift zur Unterstützung der Assoziation:
Unpathetisch, frisch, leicht. Diese Druckschrift verbinde in ihrem Bilde Korrektheit, Sachlichkeit mit dem Eindruck der Jugendlichkeit und natürlicher Eleganz. Das Schriftbild sei zurückhaltend, habe keine fetten Auszeichnungen und keine aggressiven Schriftgrößen."
Otl Aicher war kein Mode-Designer, auch dann nicht, wenn er sich um Kleidungen kümmerte. Hinter seinen Entwürfen waren Bilder, Weltbilder, ich meine: geprägt von hohen moralischen Ansprüchen. Und diese schienen, sie leuchteten durch sein Leben und durch seine Arbeiten, z.B. für die Olympischen Spiele 1972 in München, auch heute noch nach dreißig Jahren.
Das war sehr schön. Aber es ist nicht schön, sehen zu müssen, wie im Laufe der Jahre im Alltag dann Farben vermanscht werden, wie Signets in das Übliche der Designerwelt abwandern, wie Schriftbilder verändert werden usf., wie sich über das Olympiazentrum ein Brei von Ess- und Trinkbuden ergießt und das auf einer Erscheinungsebene, die auf der Theresienwiese ganz lustig sein mag, die den Olympiapark allerdings sehr verändert in seinem Wesen.
Ich meine, das müsste nicht sein. (Otl hatte auch die Trinkbecher, die Verpflegungspakete etc. gestaltet!)
Ich meine aber auch, das sollte man nicht dem Betreiber anlasten. Dieser arbeitet im Rahmen der Vorgaben. Die Stadt München müsste wohl darauf achten, dass das Denkmal Olympiapark mit seinen Sportstätten nicht zu sehr zerbröselt. Es sind doch nicht nur die Betonkonstruktionen und nicht nur die Stahlteile und ähnliches, die das Denkmal ausmachen. Ich vermute, dass es vor allem das den Zeitgeist widerspiegelnde und für Ideale durchlässige Erscheinungsbild war, das auf und in allem war, auch beim Kleinsten. Otl Aicher hatte eben alles geordnet, alles, was sichtbar war. Es mag sein, dass wir das heute anders machen würden.
Aber das Denkmal Olympiapark ist nun mal so:
"Unpathetisch, frisch, leicht, sonnig, hell, silbrig und nicht kommerzialisiert. Das, Dank des von Otl Aicher entwickelten "Erscheinungsbildes".
Man sollte nicht meinen, es käme nicht so darauf an, wenn man heute das eine oder andere mache so oder so, wenn man sich der Fachleute bediene, die im allgemeinen Werbebetrieb tätig sind. Die könnten das auch! Können sie eben nicht!
Man sollte sich klarwerden, was man will. Ob man von der Betreibergesellschaft verlangt, sie solle sich mit Sponsoren usw. arrangieren, und auf diese Art und Weise das erforderliche Geld aufbringen. Das wird sich dann an allen Ecken und Enden ausdrücken. Sicher, das ist unsere Welt heute. Sie hat sich verändert! Vor dreißig Jahren, da war das noch anders bei der Olympiade. Und wenn man das, was vor dreißig Jahren war, erhalten will, herüberretten in unsere Zeit, müsste man die Betreibergesellschaft so ausstatten, dass sie das Denkmal - das seinerzeit nicht kommerziell bestimmt war - und das eben auch in vielen kleinen Dingen liegt, in Dingen, die allzu leicht sind und leicht sich verflüchtigen oder verdrängt werden - dass sie dieses Denkmal eben erhalten.
Ob das gelingen kann, wer weiß das. Aber versuchen sollte man es.
Es ist auch - und ich meine besonders - Otl Aichers Werk, um das es dabei geht. Unser Werk, das Werk der Stadt München, ihrer Beweohner, das Werk der ganzen Gesellschaft